Der Zauber der kleinen Schritte

Schritte im Sand

Der Hauptstadtsohn hat dieser Tage ein Buch geschenkt bekommen, in dem ein Junge herausfinden möchte, warum Kinder so viel Zeit haben und Erwachsene so wenig. Wir haben es noch nicht gelesen, aber ich fürchte, so ganz wird es hier nicht stimmig sein. Denn im Herbst kommt der Sohn zur Schule und unsere Einzugsschule ist eine Ganztagsschule. So gesehen ist der Sohn in Vollzeit beschäftigt, mit mehr Stunden, als mein eigener Arbeitsvertrag hergibt.

Geht unseren Kindern ihre Zeit verloren?

Die Hauptstadtkinder haben zwei mehr oder weniger feste Termine in der Woche, Kindersport und Schwimmkurs. Beides mögen sie gerne, bei beidem treffen Sie Freunde. Und doch habe ich schon jetzt oftmals das Gefühl, es fehlt an Zeit, die wir ohne weitere Vorhaben zu Hause verbringen. Zeit, einmal alle vorhandenen Legosteine aufeinander zu bauen oder die Holzeisenbahn noch mal über alle Schienen fahren zu lassen, bevor wir diese an kleinere Kinder weitergeben. Zeit, sich zu langweilen und dann doch selbst etwas zu entdecken. Und ja, auch Zeit, die wir gemeinsam verbringen, ohne Smartphone, ohne die Wäsche nebenbei aufzuhängen und ohne schnell noch mal irgendetwas anderes fertig zu machen.

Geben wir ihnen Zeit für kleine Schritte!

Manches können wir nicht so nebenher ändern. Mit einer notwendigen und ohnehin wackeligen Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann ich mit meinen Kindern nicht wiederholen, wie ich selbst groß geworden bin, mit zwei Vormittagen Kindergarten die Woche und Schule bis halb eins. Das muss auch erst mal nicht schlecht sein. Wie oft hole ich die Kinder aus der Kita ab und ernte für meine Bemühungen, früh da zu sein, mehr Entrüstung als Freude. Aber eines ist dennoch so wichtig: in dieser schnellen Zeit auch Langsamkeit zu erlauben und zu fördern.

Tempo kleine Schecke
Langsamkeit to go.

Auf dem ersten Elternabend der neuen Schule wurde angekündigt, dass die Kinder das erste halbe Jahr vor allem eines in der Schule machen: ankommen. Sie lernen die Klasse kennen, das Gebäude, den Tagesablauf, die Lehrerin und den Pausenhof. Und auch wenn sich der eine oder die andere nun fragt, wann sie denn Fortschritte beim Rechnen und Schreiben machen – ich finde das wunderbar. Stellt Euch vor, Ihr beginnt einen neuen Job. Wann wird erwartet, dass Ihr Euch eingearbeitet habt und volle Leistung bringt? Nach zwei Wochen? Es ist so wohltuend, wenn diese schiefe Erwartungshaltung einmal nicht auf unsere Kinder übertragen wird.

Zeit für eigenes Tempo

Kann es denn schon krabbeln, laufen, essen, radfahren, stehen, sprechen, multiplizieren? Mütter kennen diese Fragen spätestens seit dem Pekip-Kurs. Ich dachte ehrlich gesagt immer, ich sei darüber erhaben. Jedes Baby hat sein Tempo. Punkt. Im großen und ganzen ist die Gelassenheit geblieben, aber dennoch stelle ich fest, dass auch ich mitunter in die Vergleichsfalle tappe. Müsste mein Vorschulkind nicht langsam mal das Seepferdchen machen nach so vielen Stunden Schwimmkurs? Zum Glück ist mir das rechtzeitig aufgefallen, dank der Robbe nämlich. Kennt Ihr die Robbe? Ein Neuschwimmerabzeichen für all jene, die schon ganz viel können und noch nicht alles. Für vieles mehr sollte es Robben zum Aufnähen geben. Auch für uns Mütter und Väter. Denn manchmal gönnen wir uns zu wenig unserer Zeit. Manchmal vergessen wir zu schnell, wie weit wir schon gekommen sind.

Habt ein entspanntes Wochenende!

Eure SvenjaWie wir Kindern ihr eigenes Tempo lassen | Entschleunigung im Familienalltag

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3 Gedanken zu „Der Zauber der kleinen Schritte“

  1. Liebe Hauptstadtpflanze, da hast du mir so richtig von der Seele abgeschrieben! Hab auch einen schönen Sonntag – ohne Programm mit viel Zeit zum Rumtrödeln für Alle!

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