Ich wohne in Berlin und ich arbeite in Berlin. Früher wäre das „Ich wohne im Westen“ und „Ich arbeite im Osten“ gewesen. Früher wäre das gar nicht möglich gewesen. Für mich ist der Arbeitsweg jeden Morgen eine Momentaufnahme.
Dieser Moment, in dem ich über die Steine fahre, die markieren, dass genau hier die Berliner Mauer verlief.
Dieser Moment, in dem ich denke, was für ein Glück wir haben, in einer ungeteilten Stadt zu wohnen.
Dieser Moment, in dem ich dankbar bin, dass meine Kinder keine Kriegskinder sind.
Dieser Moment, in dem mir bewusst wird, wie sehr sich die Grenzen in Europa gerade wieder schließen.
Dieser Moment, in dem ich wütend bin.
Dieser Moment, der mich fassungslos macht, wie viele all derer, die dafür gekämpft haben, dass hier statt einer Mauer nur noch ein paar Steine sind, jetzt für Mauern kämpfen.
Dieser Moment, in dem ich mir wünsche, dass meine Kinder weltoffen bleiben und dass die Welt es ihnen einfach macht.
Dieser Moment am Berliner Mauerweg, der ein paar Meter weiter wieder vorbei ist. Und doch immer auch ein bisschen bleibt.