Kinder? Bitte hinten anstellen!

CoronaEltern Kinder haben keine Lobby

Kinder haben keine Lobby.

Nach dem Umzug vor 1,5 Jahren brechen meinen Kindern gerade das zweite Mal ihre Freundinnen und Freunde aus dem Alltag weg. Denn durch Corona bleiben wir seit Wochen zu Hause. Die Wohnung ist zugleich Schule, wir bereiten alle Mahlzeiten zu Hause zu, wir basteln zu Hause oder spielen vor dem Haus mit 2 Meter Abstand zur nächsten Familie. Wir videotelefonieren mit den Großeltern von zu Hause, wir berücksichtigen Schilder am Supermarkt, die darauf hinweisen, dass Einkaufen kein Familienausflug ist. Viele Eltern gehen derzeit über die eigenen Grenzen, 24/7, um die Kinder aufzufangen und den Virus einzudämmen.

Solidarität ist das Gebot der Stunde?

Dieses Jahr zum Muttertag sind wir Mütter dabei, den Kindern ein ganzes Dorf zu ersetzen. Wir sind Lehrerin, Freundin, Mutter, Fußballtrainerin und Großmutter gleichzeitig – und, ach ja, Arbeitnehmerin. Wer öffentlich Entlastung fordert, wird angeklagt, zu jammern und die Kinder nur abschieben zu wollen.

Gleichzeitig wird denen eine Bühne gegeben, deren Egoismus größer ist als die Maskenpflicht. „Damit würde ich doch nur andere schützen“, erzählt ein mittelalter Mann im rbb-Interview vor dem Supermarkt. „Der Staat muss uns allen FFP3-Masken geben, sonst mache ich das nicht mit.“

Als ob der 10 Minuten mit richtiger Maske aushalten würde. Aber was wir alle aushalten sollen und müssen ist eine Gesellschaft, in der dieses egoistische Verhalten mehr politische Rückendeckung erfährt als alle Familien mit ihren Sorgen zusammen.

Die Welt gehört in Kinderhände

sang Herbert Grönemeyer schon vor 34 Jahren. Seine Forderung hat nichts an musikalischem Klang verloren und nichts an politischer Kraft gewonnen. Kinderhände haben noch nicht einmal Seife an deutschen Schulen, zu melden haben sie erst recht nichts. 10 Millionen Kinder unter 14 Jahren leben in Deutschland, aber ihre Regeln stellen andere auf, ohne sie im Blick zu haben.

Verbrennungsmotor first

Wir haben gelernt, dass Familien die Lasten der Krise gerne tragen dürfen. Wenn sie Homeschooling und Homeoffice nebenbei erledigen, wenn sie weniger arbeiten und auf Gehalt verzichten, weil es – oh Wunder- nicht zusammen klappt. Anstatt mit der Schule zu pausieren oder ihr Priorität einzuräumen, werden die Versuche, irgendwie Präsenz und irgendwie digital zu vereinen, immer abstruser.

Wir lernen, dass DAX-Unternehmen doch vor Schulen oder dem Gesundheitssystem gerettet werden. Die einen bekommen 9 Milliarden, die anderen Applaus und täglich die Sendung mit der Maus. (Aber dann reicht es auch mit Medienzeit, nicht wahr, liebe Mütter?!)

Wir hören, dass Kinder warten müssen, weil sie keinen Abstand halten können, während wir sehen, wie Erwachsene sich durch Möbelhäuser drängeln, ohne den Anstand für Abstand zu haben.

Es hat System.

Als in unserem Ort zu Jahresbeginn ein/e Kinderbeauftrage/r eingestellt werden sollte, forderten andere Politiker (m), dass eigentlich Männer zwischen 20 und 50 eine stärkere Lobby bräuchten als Kinder, für die ohnehin schon genug getan würde. Das ist nicht Satire, das ist Alltag. Jetzt in der Corona-Krise erleben wir das gleiche Trauerspiel auf der großen politischen Bühne, so kommt es mir vor.

Kinder haben keine Lobby.

Kinder haben keine Lobby #coronaeltern

Es muss sich ändern.

Wer sich bis hierhin durchgekämpft hat, merkt schon, ich bin frustriert. Aber nicht nur. Ich bin auch dankbar: für alle jene, die in ähnlichen Situationen sind und laut werden. Für alle, die sich für Lösungen für Familien einsetzen. Für jede und jeden, der gegen eine Abwrackprämie protestiert und ein solidarisches Grundeinkommen fordert. Dankbar für die Lehrer*innen, die in diesem politischen Irrsinn versuchen, meinen Kindern nicht nur Aufgaben zu geben, sondern auch ein Stück Zuversicht und Herzlichkeit. Vermutlich denkt Ihr alle für Euch mitunter, es bringt doch nichts. Aber das stimmt nicht, es macht Mut.

Eure Svenja

Weiterlesen zu #CoronaEltern könnt Ihr z.B. bei Grosseköpfe und Deine Mudda hat jeden Tag Muttertag oder bei Ganz normale Mama: Dann hättet ihr halt keine Kinder bekommen sollen – ein Satz der mich so wütend macht. Und auch hier auf dem Blog findet Ihr weiteres über mehr Respekt für unsere Kinder.

Vielen Dank fürs Teilen <3

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