Manche Plätze sind in Berlin nicht so einfach zugänglich. Um es auf die Tanzfläche des Berghain zu schaffen, heißt es zum Beispiel, müsse man an der härtesten Tür Berlins vorbei. Als Mutter zweier Kinder kann ich darüber nur müde lächeln. Denn ich kenne Locations, die wirklich hart umkämpft sind. Darum stelle ich heute die kühne Behauptung auf: 10 Minuten auf einer Schaukel im Bergmannkiez sind ein größerer Erfolg als drei Cocktails im Berghain.
Dieses ist mein Beitrag zu Laras Blogparade „Spielplätze – Traumhaft oder wahrgewordener Albtraum“, die derzeit auf ihrem Blog Dreaming Today läuft. Schaut unbedingt bei Laras Blog vorbei, ich habe von dort schon viele Inspirationen mitgenommen.
Spielplätze in Berlin: Tanzfläche de luxe?
Warum Spielplätze die in Wahrheit angesagtesten Orte der Stadt sind, habe ich für Euch in 5 Punkten zusammen gefasst.
1) Die Ausgangslage
Auf Berliner Spielplätzen gibt es zwei Jahreszeiten. In den kalten, regnerischen Monaten sind die Spielplätze leer. Häufig verbringen Familien die Nachmittage nach Schule und Kita zu Hause, man verabredet sich bei Freunden oder schlägt sich durch Wind und Wetter ins Kindercafé. Doch dann kommt der Frühling: mit einem Schlag verlagert sich das Leben in der Stadt nach Draußen und für Familien heißt das in erster Linie auf den Spielplatz.
In Kreuzberg haben die wenigsten einen Garten, viele Familien auch keinen Balkon. Doch die Sehnsucht nach Sonne ist bei allen groß. Am ersten sonnigen Frühlingstag habe ich auf unserem kleinen Spielplatz mehr als 60 Kinder gezählt, mit Eltern dabei.
2) Die Türsteher
Die große Nachfrage übersteigt das Angebot, in der Clubszene wie auf Spielplätzen. Zumindest bei den richtig guten. Die verfallenen, düsteren, abseits gelegenen bilden allenfalls das Sammelbecken für jene, die sich verlaufen haben oder ihre Ruhe wünschen.
Im Club ist das Procedere für den Einlass schlicht: Die Wartenden reihen sich in eine Schlange ein, der Türsteher sagt ja oder nein und irgendwann ist die Tanzfläche voll.
Auf dem Spielplatz hingegen wird mit subtileren Mitteln um die besten Plätze gebuhlt. Viele Kinder wollen rutschen, schaukeln, klettern und ich mutmaße, sie würden sich schon einig werden, aber, wie so oft im Leben, man lässt sie nicht. Mütter giften einander an, welches Kind schon länger an der Schaukel ansteht, reden auf Kinder ein, die schon 5 Minuten oben auf der Rutsche sitzen oder unten Sand drauf werfen und beobachten mit Argusaugen, wer gerade mit dem Plastikbagger und der Schippe des Nachwuchses spielt.
Schlimmstenfalls, so kommt es mir vor, hat jedes Kind seinen eigenen, konkurrierenden Türsteher dabei.
3) Das Miteinander
Punkt 2 ist zum Glück klischeehaft überzogen, denn nun verrate ich Euch, warum ich unsere Spielplätze wirklich so mag: Man muss ja nicht mit jedem auf der Tanzfläche knutschen! Der Spielplatz ist der Ort für uns, an dem wir auch nahezu immer jemanden treffen, den wir sehr mögen. Manchmal sind wir verabredet, manchmal ist es Zufall. Wir treffen andere Klassenkameraden und Kitafreunde auf dem Spielplatz, Bekannte, Nachbarn. Die Kinder toben gemeinsam los, wir Eltern sitzen in der Sonne und unterhalten uns.
Ich weiß, es gibt Vorbehalte gegenüber „Muttitalk“ – ich kann diese nicht bestätigen. So oft ist der Austausch nett, lustig, hilfreich, manchmal ernst, bereichernd. Noch nie hat sich eine andere Mutter mit Arnica-Globuli auf meine Kinder gestürzt, noch ein Vorurteil über Spielplätze in gentrifizierten Stadtteilen, das ich nicht bestätigen kann. Keiner ist Gastgeber, keiner Gast, jeder kommt und geht wann er möchte und die gemeinsame Zeit in der Filterbubble passt.
Auf dem Spielplatz ist Leben in der Stadt, Freundschaften werden geschlossen, mal für eine Stunde, mal fürs Leben. Oder aber man geht sich aus dem Weg, passt doch auch.
4) Das Drumherum
Egal, wie voll es auf der Tanzfläche ist, an der Bar ist es voller. Sogar dieses ist derzeit auf unseren Spielplatz übertragbar. Denn unweit des Spielplatzes gibt es einen Eisstand. Oft reihen wir uns in die lange Schlange ein und neidvoll schätze ich im Kopf die Tagesseinnahmen ab, bevor ich nicht unbeträchtliche Teile meines Gehaltes für Eis und bunte Streuseln abgebe.
Da die meisten Spielplätze hier sehr zentral liegen, lassen sich auch Gänge zur Post oder zum Einkaufen verbinden. Der Vorteil liegt bei den kurzen Wegen.
5) Mein Wunschkonzert
Meine Kinder werden in diesem Sommer 5 und 7 und ganz langsam nähert sich unsere Spielplatzzeit dem Ende. Buddelzeug haben wir schon länger kaum noch dabei und den Haupstadtsohn zieht es bereits viel mehr auf die Fußballplätze. Es gibt Spielplätze, die mit einem Fußballbereich verknüpft sind, aber sehr wenige.
Manchmal wurden auch Spielgeräte abgebaut, ohne dass es Geld für neue gab. Oder unsinnige Geräte wurden aufgebaut, Leitern, deren erste Sprosse viel zu hoch angesetzt ist oder Buddelbereiche mitten in der prallen Sonne.
Mein Fazit also: Ich wünsche mir mehr Ballspielbereiche auf den Spielplätzen, gute Angebote für große und kleine Kinder, weniger Design und mehr Funktionalität. Aber damit sind Spielplätze tatsächlich „the place to be.“
Und wie findet ihr Spielplätze, Albtraum oder traumhaft?
Eure Svenja
Tipp: Habt Ihr eher Lust auf einen Spielplatz ganz anderer Art? Dann besucht im Park am Gleisdreick den Naturspielplatz, ohne Geräte, nur mit Sand, Holz, Bäumen und Steinen.
Ich mag den Vergleich zum Szeneclub total. Schade, dass die Städte manche Spielplätze eher wie Bahnhofskneipen „vergammeln“ lassen.
Oh, den Satz mit den Freundschaften, den finde ich besonders toll und so passend für Spielplätze. Darf ich den in meinem eigenen Beitrag (der bald kommt) zitieren?
Wo du es sagst, es fehlt teilweise wirklich ein bisschen der altersübergreifende Aspekt. Sandkasten wird nun mal irgendwann langweilig.
Vielen Dank fürs Mitmachen.
Liebe Grüße,
Lara
Vielen Dank! Natürlich, zitiere gerne, ich freue mich auf Deinen Beitrag.
Früher war der Spielplatz sehr auf Kleine ausgerichtet und als meine Kinder älter wurden, wurde er umgestaltet. Auch auf einem benachbarten Spielplatz wurde ein neues Klettergerüst aufgebaut, ebenfalls für Größere.So hatten wir letztlich mit dem Altersaspekt noch Glück.
Liebe Grüße, Svenja