Vor gut einem Jahr kam die Hauptstadttochter (4) in eine neue Kita. Auf die Frage, wie es ihr dort gefalle, sagte sie gut: „Denn der Tischspruch da ist was mit Pupsen!“ Das konnte ich mir nicht so ganz vorstellen, aber inzwischen weiß ich, sie hatte recht:
Es war ein Nilpferd in Bremen, das konnte sich nicht benehmen. Mal hat es gerülpst, mal hat es gepupst, es sollte sich mal etwas schämen.
Dieser Tischspruch zeigt es schon, bei Tischmanieren können Welten aufeinander prallen. Die Freude am Rülpsen trifft auf Zurückweisung und Konvention. Welchen Weg geben wir am Esstisch vor und welchem geben wir nach? Zu dieser Frage hat Chrissy von sonnenshyn.de eine Blogparade gestartet. Auf ihrem Blog sammelt sie Beiträge, die einen bunten Austausch zu Tischmanieren bilden. Da mache ich gerne mit! Und als ich dafür über unsere Regeln nachdachte, fiel mir auf, es sind eine ganze Menge Kompromisse dabei.
Tischmanieren bei Kindern: Vorstellungen und Realität
Gemeinsam oder einsam?
Meine Vorstellung: Wir sitzen gemeinsam am Esstisch und haben Familienzeit.
Kindervorstellung: Wenn ich schon 10 Minuten früher am Tisch sitze, steigen eventuell meine Chancen auf den ersten Pfannkuchen und ich kann früher wieder aufstehen.
Realität: So richtig gemeinsame Mahlzeiten machen vielleicht etwas mehr als die Hälfte unserer Essen aus. Beim Frühstück haben Sohn und Tochter verschiedene Zeiten und ich bin in meinem Zeitmanagement morgens so knapp, dass ich oft neben dem Tisch stehe und Brotboxen befülle, während dem Hauptstadtmann sein Kaffee reicht. Aber beim Abendessen lege ich schon Wert darauf, dass wir gemeinsam beginnen. Wer fertig ist, darf aufstehen. Und zum Nachtisch wieder an den Tisch kommen. Denn mit etwas Zeit sind gemeinsame Familienessen richtig schön.
Das wird aufgetischt
Meine Vorstellung: Das Essen soll frisch und vielfältig sein.
Kindervorstellung: Es gibt vornehmlich Zuckerprodukte und fürs gesunde Essen Tomaten mit Kartoffeln, sprich Pommes mit Ketchup. Speisen, denen man bereits ansieht, dass sie nicht schmecken, probiert man besser auch nicht.
Realität: Wir kochen vieles, was irgendwie in der Mitte zwischen diesen Wünschen liegt, aber vornehmlich gibt es klassische Kinderessen. Milchreis, Nudeln mit Käse, Fischstäbchen und Erbsen, Butterbrot. Wenn ich das alles nicht mehr sehen kann, koche ich mir eigene Essen. Meine Kinder müssen nichts probieren. Das wollte ich zwar mal, aber davon habe ich mich lange verabschiedet. Warum sich einen Bissen reinquälen, wenn das nie und nimmer zu der Erkenntnis führt, oh, das schmeckt ja doch gut?
Fingerfood oder Messer und Gabel
Meine Vorstellung: Die Kinder sollen lernen, ordentlich zu essen, das ist ja durchaus nützliches Wissen im Leben. Und schöner finde ich es auch.
Kindervorstellung: Besteck ist überflüssig, aber wenn, dann bitte genau das andere als aufgedeckt. Klar, oder?
Realität: Wir lassen auch mal fünfe gerade sein und es gibt erste Erfolge im Schnitzelschneiden. Damit bin ich durchaus zufrieden.
Die Sache mit dem ruhigen Sitzen
Meine Vorstellung: Lieber lebendig als zu steif.
Kindervorstellung: Lieber lebendig als zu steif.
Realität: Ich mag die Basics, als da wären: „leg die Füße nicht auf den Tisch“ und „iss erst mal zu Ende, bevor Du rumläufst“. Aber schon letzteres nehme ich nicht sehr genau, wir springen aber auch alle nicht übermäßig oft beim Essen auf. Wird ja sonst kalt oder, noch schlimmer, alle. Schon bei „setz dich mal bitte ordentlich hin“ versage ich oft als Vorbild, weil ich zum Beispiel liebend gerne im Schneidersitz auf Essstühlen sitze. Tja nun. Ruhig sitzen steht bei uns also nicht im Vordergrund, aber dennoch hampeln auch nicht alle wild durcheinander.
Tischgespräche
Meine Vorstellung: Endlich sitzen wir mal alle gemeinsam am Tisch und können uns alles erzählen, was so anliegt.
Kindervorstellung: Für eine gepflegte Kommunikationsrunde am Esstisch eignen sich am besten die Worte pupsen, rülpsen (und Eure Phantasie kann die Reihe beliebig fortsetzen).
Realität: Im Elternquatsch habe ich schon gebeichtet, dass die Kinder die Diskussion um die Wortwahl oft gewinnen. Da ist noch Luft nach oben. Aber letztlich lachen wir alle viel beim gemeinsamen Essen und das zählt. Und in Ausnahmefällen sind auch alle mal ganz still, wenn es nämlich Bananentoast vorm Fernseher gibt. Weil die Kinder nämlich inzwischen gut wissen, wie man eigentlich isst und dass es hier auch Abweichungen geben darf.
Ein ganzes Dorf
Tischmanieren sind durchaus wichtig, aber zu Hause sollten meiner Meinung nach auch die Freude am Essen und das Familienleben im Vordergrund stehen. Andere Orte geben den Kindern andere Regeln vor und das ist auch gut so, so lernen sie die Vielfalt kennen, können eigene Ideen entwickeln und sich flexibel einstellen. Egal, ob sie nun bei Freunden essen, mit den Großeltern oder eben in der Tagesbetreuung.
Heute habe ich die Hauptstadtkinder gefragt, welche Regeln sie in der Kita und in der Schule gelernt haben. Das waren ihre Antworten:
- Man nimmt den anderen nichts vom Teller. Sondern man fragt: „Darf ich nach Dir die Schüssel haben?“
- Man sagt nicht IGITTIGITT zum Essen der anderen. Sondern man fragt: „Was ist das bei Dir auf dem Teller?“
- Einer aus meiner Klasse ist Vegetarier und der hat sich das ganze Wasser über das Essen gekippt. Das macht man nicht.
Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen, oder? Welche Tischregeln sind Euch wichtig?
Guten Appetit,
Eure Svenja
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Titelbild pixabay.com
Den Spruch mit dem Nilpferd muss ich mir merken. Der gefällt meinen Kindern bestimmt auch.
Bei uns liegen zwischen der Realität und meinen Wünschen ganze Universen. Aber eines hab ich schon gelernt: egal wie viel und wie oft ich schimpfe, es ändert sich nichts.
Vielleicht blogge ich auch noch darüber. Muss aber erst die Hauptprotagonisten fragen, ob ich darüber schreiben darf.
Oh, jetzt bin ich neugierig! Universen sind es bei uns ja eher in der Frage, was gegessen wird – aber ich vermute mal, wenn unsere Kinder groß sind, werden auch sie Salat essen. Mit Besteck!
Danke für Deinen Kommentar und viele Grüße!
Das Bild vom Sohnemann mit dem Teller ist der Hammer! So passend. Danke, dass Du so viele spannende Einblicke gibst. Ich habe mir gerade überlegt, ob ich nicht auch besser kinderfreundlicheres Essen kochen soll. Bis jetzt isst meine Maus das, was wir essen. Und pickt sich natürlich nur das raus was ihr schmeckt: Fleisch oder Fisch, Kartoffeln, Nudeln. Von Gemüse keine Spur. Möp.
Liebe Grüße
Natalie
Auf Deinem Blog zeigst Du so tolle Gerichte, überleg es Dir gut, ob Du anderes Essen kochen möchtest! Es spricht dann ja nichts dagegen, zwischendurch auch mal Pfannkuchen aufzutischen. Danke für Deinen Kommentar und lieben Gruß!